Forschungsstelle Werteerziehung und Lehrerbildung
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Werte in Europa: Deutschunterricht europäisch gestalten (Teil 2)

Bericht aus dem zweiten binationalen Seminar in Udine

14.10.2019 – 18.10.2019

Nach dem ersten Blockseminar des DAAD-Projekts „Werte in Europa“ erfolgte im Oktober 2019 der Gegenbesuch in Udine: Etwa 30 deutsche und italienische Studierende, Referendar_innen, Lehrer_innen und Wissenschaftler_innen trafen sich Mitte Oktober an der Universität Udine, um den im Frühsommer begonnen Austausch über literarische Entwürfe europäischer (Wert)Vorstellungen und die gemeinsame Arbeit an entsprechenden Unterrichtsmaterialien fortzusetzen.

udine01 Start war in München am HBF um 6 Uhr und nach einigen Aufregungen waren alle Teilnehmer_innnen dann tatsächlich in voller Anzahl unterwegs. udine02

 

 

Am frühen Nachmittag traf die Gruppe im Hotel in Udine ein und nach kurzer Zeit (und ohne Mittagessen) ging es weiter im Programm:

Begonnen wurde die arbeitsreiche Woche mit einer abwechslungsreichen Führung durch die Universität Udine und durch die Stadt, die Lektorin Dr. Constanze Czerny gemeinsam mit den italienischen Studierenden für die Münchner Gruppe vorbereitet hatte.

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Später schlossen sich eine Begrüßung der Seminarteilnehmer_innen durch die DAAD-Vertreterin in Rom, Frau Dr. Valentina Torri, inhaltliche Einführungen der beiden Projektleiterinnen Prof. Dr. Sonja Kuri (Udine) und Prof. Dr. Sabine Anselm (LMU) an.

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Im weiteren Verlauf boten Essays der italienischen Studierenden einen subjektiven Blick auf europäische Lebenswelten. Die Texte, die unter der Betreuung der Lektorin Dr. Sophia Simon erarbeitet worden waren, wurden in Kleingruppen besprochen und erleichterten eine erste (Wieder)Annäherung an das gemeinsame Thema.

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Am Abend wurde das kulturelle Rahmenprogramm kulinarisch fortgesetzt und mit einem musikalischen Überraschungsauftritt festlich gestaltet.

Die Linguistin Dr. Ute Hofmann (LMU) gab am Dienstag eine Einführung in die Pragma- und Politolinguistik, um begrifflich-semantische Aspekte verschiedener europäischer Diskurse und Texte genauer in den Blick zu nehmen und damit einen weiteren Ansatzpunkt für die Erarbeitung von Unterrichtsmaterialien zu ermöglichen.

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Diese bereits beim ersten Blockseminar im Sommer begonnene Arbeit wurde am Nachmittag in Kleingruppen unter der Leitung von Dr. Sabine Biebl und Dr. Nazli Cihan fortgesetzt. Der Dienstagabend gehörte der Begegnung mit Gegenwartsliteratur: Die österreichische Autorin Eva Schörkhuber las aus ihrem neuen Roman „Nachricht an den großen Bären“, der Leben und Widerstand in einem von totalitären Regimen beherrschten Europa schildert.

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Nach angeregten Diskussionen im Hörsaal wurden die Gespräche und Überlegungen beim gemütlichen Teil des Abends zusammen mit der Autorin fortgesetzt.

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Die Beschäftigung mit dem Europa-Roman erfuhr am nächsten Vormittag eine Intensivierung mit unterschiedlichen Fragen, da im Rahmen eines Workshops mit der Autorin udine19_20 noch weiteren intertextuellen Verweisen und Entstehungsbedingungen des Romans nachgegangen sowie umfassende Gelegenheit für Nachfragen gegeben wurde. Dabei zeigten sich Chancen einer kreativen Herangehensweise an den Roman und dessen ästhetischer Konzeption.

Am Nachmittag beschäftigte sich das Blockseminar mit europäischer Geschichte und Gegenwart in Udine: Dabei lernten die Teilnehmer_innen die Arbeit des EU-Dokumentationszentrum an der Universität kennen, weiter wurde das Institut für die Geschichte der Befreiungsbewegung im Friaul besucht, das sich der Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand in Norditalien verschrieben hat. Mit dem Besuch der Galerie des italienischen Malers Tiepolo im Diözesanmuseum Udine zeigte sich abschließend eine wichtige Komponente europäischer Kunst und Kultur in der frühen Neuzeit.

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Einen Höhepunkt des Blockseminars stellte schließlich die Exkursion nach Triest dar, einem Ort, an dem sich ein europäisches Mit-, Neben- und Gegeneinander von verschiedenen regionalen und nationalen Gruppen wie unter einem Brennglas betrachten lässt. Eine erste topographisch-literarische Annäherung bot OStR Winfried Adam am Obelisken von Opicina, von dem sich Meer, Stadt und Hinterland gleichermaßen betrachten lassen.

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Nach der Ankunft in der Stadt war die Gruppe der LMU-Studierenden an der Universität Triest zu Gast. Dort unterzog Prof. Paolo Panizzo in seinem Vortrag einen der zentralen Schlüsseltext über europäische Literatur(en), nämlich „Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur“ des italienischen Germanisten Claudio Magris, einer kritischen wie aufschlussreichen Revision.

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Am Nachmittag wurde im Rahmen einer Führung von Triestiner Studierenden die Stadt auf den Spuren des deutschen Aufklärers und Ästheten Johann Joachim Winckelmann entdeckt, der dort im Jahre 1768 unter ungeklärten Umständen zu Tode kam.

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Nach einem ausführlichen Stadtspaziergang wurde der Exkursionstag beendet. Mit Sonnenuntergang ging die Fahrt an der Küste entlang und dann weiter nach Udine – nicht ohne den Wunsch, baldmöglich wieder in diese "Stadt aus Papier" Mittel-EU-ropas zu reisen.

Am Freitagvormittag stand dann nochmals eine die Blockseminarwoche abschließende Arbeitseinheit zur Vorbereitung der Unterrichtsmaterialien auf dem Programm. Dabei wurde an den Ergebnissen deutlich, wie intensiv die Arbeitsprozesse während des Aufenthaltes waren.

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Für ein Abschlussfoto versammelten sich alle Teilnehmenden, bevor der Abschied und die Rückreise nahten. Diese sollte etwas länger als geplant dauern … doch kurz nach Mitternacht erreichte die Münchner Gruppe den Zielbahnhof – voller Eindrücke und doch etwas müde.

udine36Insgesamt betrachtet generierte auch das zweite Blockseminar einen sehr spannenden Austausch aller deutschen und italienischen Teilnehmer_innen und ermöglichte mit dem facettenreichen Programm eine intensive Begegnung mit europäischen Erfahrungswelten in Geschichte und Gegenwart. Die Konzeption der Unterrichtsmaterialien im Sinne des Projektvorhabens konnte in dieser Woche wesentlich voran gebracht werden – diese werden im Rahmen einer abschließenden Fortbildungsveranstaltung am 27. November am Wilhelmsgymnasium in München präsentiert und dürfen für sich in Anspruch nehmen, literarische Annäherungen an Europa jenseits eingefahrener Schlagwörter und Schemata zu bieten.

Winfried Adam/Sabine Anselm

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